Die Linde ist der meistbesungene, mit Namen genannte und Wappen zierende Baum in unserem Kulturkreis. Wir treffen sie oft im Zentrum der Menschen an: mitten auf dem Dorfplatz, bei Kirchen oder auch vor Gerichtsgebäuden.
Herkunft des Namens
Die heutige Bezeichnung «Linde» hat ihren Ursprung im Germanischen und bedeutet «mild, weich, sanft, biegsam». Auch das Wort «lindern» kommt daher. «Tilia» könnte vom althochdeutschen Namen «Ottilia» (die Besitzerin) abgeleitet sein. «Ot» heisst «der Besitz, der Reichtum», möglicherweise eine Andeutung auf die vielfältige Nutzung dieses Baums. «Platyphyllos≫ kommt aus dem Lateinischen und heisst «Sämling». «Cordata», ebenfalls aus dem Lateinischen, heisst «die Spätgeborene»: Die Winterlinde blüht erst nach der Sommerlinde.
Ausgewählte Besonderheiten
Die Linde wurde früher oft als sogenannter Schicksalsbaum – zur Erinnerung an bestimmte Ereignisse gepflanzt. Viele der heute einzeln auf Anhöhen stehenden Linden sind Friedenslinden, die nach Kriegsende gesetzt wurden. Die Linde ist der meistbesungene, mit Namen genannte und Wappen zierende Baum in unserem Kulturkreis. Wir treffen sie oft im Zentrum der Menschen an: mitten auf dem Dorfplatz, bei Kirchen oder auch vor Gerichtsgebäuden. Es war der Ort, an dem Recht gesprochen, offizielle Bekanntmachungen verlesen und Politik betrieben wurde. Unter ihrem mit Hunderten von Blätterherzen behängten Dach wurden Feste gefeiert, es wurde getanzt, gesungen und man erzählte sich Geschichten. Die Lindenblüten verströmen einen süssen, wohlriechenden Duft, der unser Innerstes berührt. Alles an der Linde ist weich, mild und wohlwollend gegenüber dem Menschen. Das menschliche Immunsystem ist die zentrale Organisation in uns, es macht das Leben überhaupt erst möglich. Wenn Viren oder Bakterien eine Krankheit auslösen, reagiert es sofort und versucht, unseren Körper zu schützen. Es wehrt die Eindringlinge ab und erhöht als letzte Massnahme die Körpertemperatur, wir bekommen Fieber. Die Linde unterstützt das Immunsystem, indem sie die Schweissbildung verstärkt und den Körper dadurch entlastet. Im Zentrum unseres Daseins greift sie mildernd («lindernd≫) ein. Ihre Gestik unterstreicht das wunderbar: Ein blühender Lindenbaum – herzförmig in der Gestalt, genau wie seine Blätter – mit seinen gelben, an Drüsen erinnernden Blütenständen erfüllt mit seinem Duft die ganze Umgebung. Wegen dieses Dufts und (damit verbunden) wegen des Luftigen, das zum Wesen der Linde gehört, liegt es auf der Hand, dass sie eine direkte Wirkung auf unsere Atemwege hat: Die Schleimstoffe der Lindenblüten beruhigen gereizte Schleimhäute in den Bronchien.
Quellennachweis
Heilpflanzen am Wegesrand – entdecken, bestimmen, verstehen, verwenden